Solforge – ein digitales Sammelkartenspiel

Oktober 2012, SPIEL in Essen. Ich werde dort auf ein digitales Spiel aufmerksam, dass gerade erfolgreich seine Kickstarter Kampagne hinter sich gebracht hat. Die ersten Runden auf einem Ausstellungs-iPad gegen einen Freund haben ausgereicht mich zu überzeugen: ich habe es mir gekauft, obwohl es noch nicht verfügbar war. Selten.

Es handelt sich hier um ein Sammelkartenspiel. Mit dieser Spielart habe ich offline einige Zeit verbracht. Nach jahrelangem kompetitiven Magic folgten einige Jahre mit Herr der Ringe von Decipher. Auch das Star Wars CCG vom selben Hersteller spielte ich sehr gerne.

Was mich an Solforge so begeistert ist das offline nicht realisierbare Konzept: Karten haben drei Mächtigkeits-Stufen und leveln beim ausspielen.

In Solforge spielt man immer gegen einen einzelnen Gegner. Die Rolle des Mitspielers kann der Computer in drei Schwierigkeitsgraden übernehmen. Man spielt dann gegen eigene Decks. Je nach Deck ist die KI akzeptabel. Für mich ist dieser Modus aber nicht interessant. Interessanter ist die Kampagne, die mittels Texten von einem Match zum nächsten überleitet. Der Computer hat hier spezielle Zusatzfähigkeiten, die oft eine Herausforderung sind und gute oder angepasste Decks benötigen. Als Belohnung erwarten einen seltene Karten für die Sammlung.

Das Spielprinzip

Ziel ist es die Lebenspunkte meines Gegenübers von 120 auf 0 zu reduzieren. Das kann ich durch Zauber oder durch den Angriff mit Kreaturen erreichen. Jedem Spieler stehen auf dem virtuellen Spielbrett fünf Plätze zur Verfügung. Diese liegen sich direkt gegenüber.

Pro Runde zieht jeder Spieler fünf Karten und kann davon zwei Karten ausspielen. Wie bei jedem CCG verändern Kartentexte die Standardregeln.

Karten kann man vor- oder nach dem Angriff ausspielen. Jede Kreatur kämpft gegen die ihr gegenüberliegende (opposing). Ist der Platz unbesetzt geht der Schaden direkt auf den Spieler. So einfach ist das.

Die digitale Besonderheit von Solforge ist es, dass jede Karte in 3 Stufen existiert.

Wenn eine Karte ausgespielt wird, kommt sie mit erhöhter Stufe in den Ablagestapel. Nach vier Zügen wird der Ablagestapel wieder ins Deck gemischt, so dass man danach die Karten in ihrer besseren Version zieht.

Bei einem Deck handelt es sich um den eigenen Spielkartenstapel, den man sich aus seinen Karten zusammenstellt.

Dadurch hat man neben den üblichen wichtigen Themen bei TCGs wie Kartenziehen, Deckkontrolle und Kartenvorteil noch den Faktor möglichst viele und die richtigen Karten zu leveln. Deswegen ist es gerade beim Deckbau wichtig auf ein ausgewogenes Verhältnis von Karten zu achtend, die mit Stufe 1 nützlich sind und wichtigen Karten für die späten Phasen des Spiels.

Die Level-Mechanik finde ich unglaublich gut!

Die Karten

Uns stehen vier Fraktionen zur Verfügung, die an die Farben bei Magic erinnern:

  • Uterra (grün):
    der Schwerpunkt hier liegt in der Natur, (großen) Kreaturen, Tieren und Zauber um diese zu verstärken
  • Tempys (rot):
    das Feuer ist hier Vorbild. Neben destruktiven Zaubern, haben viele Wesen „Aggressive“, d.h. können sofort angreifen (Magic-Übersetzung: Haste)
  • Alloyn (weiß): alles Technische findet seinen Weg hierher. Neben Robotern sind das Optionen um Karten zu ziehen oder das Spiel zu kontrollieren
  • Nekrium (schwarz): der Name deutet schon auf einen düsteren Hintergrund hin. Die Wiederbelebung von Kreaturen, negative Verzauberungen und Opfer stehen auf der Tagesordnung.

Wir unterscheiden die Kartentypen Kreaturen und Zauber. Kreaturen spielt man am Spielbrett aus, Zauber wirken einen Effekt und werden dann abgelegt.

Jede Karte fällt in eine von vier Seltenheitsgraden. Diese sind an der Farbe des Editionssymbols identifizierbar:

  • Grün = Häufig
  • Blau = Selten (nicht wirklich, eher uncommon)
  • Gelb = Heroisch (Rare)
  • Rot = Legendär

Deckbau

Die Regeln um ein valides Deck speichern zu können sind übersichtlich:

  • Ein Deck besteht max. 2 Fraktionen
  • Ein Deck besteht aus genau 30 Karten
  • Jede Karte darf maximal 3x in einem Deck vorkommen

Spezielle Wochenendturniere bringen Abwechslung in die Standarddecks. Zum Beispiel können Decks mit Karten gebaut werden, die man nicht besetzt oder es muss auf Legendäre Karten verzichtet werden.

Decks

Ich habe mich dafür entschieden meine Decks in eigenen Blog-Artikeln vorzustellen.

Bewertung

The Good

  • Das innovative Spielprinzip mit den taktischen und strategischen Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben ist genial und macht Spaß.
  • Man spielt unabhängig des Spielclients gegeneinander. Ich kann also mit meinem Steam-Client gegen jemand spielen, der ein iPhone oder Android Device nutzt.
  • Für Freunde schöner Zeichnungen sind die Karten eine Augenweide. Hinzu kommt die Veränderung über die drei Stufen.
  • Es ist Free-2-Play. Man kann durch tägliche Belohnungen seine Sammlung erweitern. Ohne Geldeinsatz wird es dauern, bis man Turniere mit eigenen Decks spielen sollte.
  • Es gibt tägliche Belohnungen für Login, den ersten und dritten Sieg, sowie eine kleine Menge Silber pro Spiel.
  • Draft-Turniere! Bei Solforge gehen Turniere über vier Runden nach Schweizer System. Die Einsteigerversion nennt sich Standard-Draft und kostet drei Event-Tickets. Event Tickets kann man kaufen oder sammeln. Für das erste gewonnene Spiel an einem Tag gibt eins. Die Karten werden der eigenen Sammlung hinzugefügt. Für Fortgeschrittene ist der Elite Draft gedacht, der sieben Tickets kostet. Die Karten darf man zwar nicht behalten, dafür gibt es als Preise aber Event-Tickets und sogenannte Elite-Tickets für seltene spezielle Turniere. Wenn man positiv spielt kann man unendlich draften, da ein 3-1 u.a. sieben Event Tickets ausschüttet.
  • Überschüssige Karten (jede über die dritte Kopie hinaus) kann man in die Spiel-Währung Silber umwandeln. Umgedreht kann man auch fehlende Karten mit Silber einkaufen.
Seltenheit Verkaufswert Einkaufspreis
Häufig

5

150

Selten

50

1.400

Heroisch

3.550

32.500

Legendär

32.500

142.500

Auf den ersten Blick sieht man, dass eigentlich erst Karten ab heroisch einen wirklichen Einfluss auf das Silber-Konto haben. Bis man sich eine Legendäre Karten bauen kann muss man also eine Zeit sparen.

Das ist eine schöne Überleitung zu …

The Bad

So sehr ich das Spiel mag, so gibt es doch Punkte, die verändert werden müssten:

  • Die meisten Decks basieren auf legendären Karten. Das macht den Anfang für Einsteiger, die kein Geld investieren wollen nicht leicht. Durch die Einführung der Kampagne wurde es etwas besser, da die Belohnungen gut sind.
  • Das Balancing, d.h. die Ausgewogenheit der Karten ist immer ein schwieriges Thema. Es wird immer besonders mächtige Decks geben. Im Turnierumfeld führt das dann meistens dazu, dass andere Decks gespielt werden, die wiederum gut gegen diese Mächtigen funktionieren. Die richtige Einschätzung des „Meta-Games“ gewinnt Turniere.
  • Es gibt kein offiziell sichtbares Ranglistensystem. Der Algorithmus, der einem einen zufälligen Spieler zulost basiert anscheinend auf einer versteckten Rangliste.
  • Das Spiel ist aktuell nur auf Englisch verfügbar. Auf Grund der Natur von Sammelkartenspielen sind also gewisse Sprachkenntnisse notwendig, um die Karten zu verstehen.
  • Mir fehlt die Möglichkeit in einem Match etwas zu schreiben oder zumindest Standard-Rückmeldungen zu geben. Vom freundlichen „Hallo“ zu Beginn, über ein „gut gespielt“, bis zum Kommentar zum Deck (einfallsreich, langweilig, etc.)
  • Die Musik nervt relativ schnell. Zum Glück lässt sich diese komplett abstellen.
  • Ich vermisse einen offiziellen Kindle Fire Client.
  • Der PC Client hat zahlreiche Schwächen, von den Ladezeiten bis hin zur Usability im Deckbau (Suche, Filter). Die Ladezeiten sind schon fast …

And the Ugly

  • Es gibt keinen Runden-Timer. Jeder Spieler hat zwar 20 Minuten für seine Züge, aber ob er für einen einzelnen jetzt 5 Minuten oder 30 Sekunden braucht stehen ihm frei. Als „Lösung“ wurde eingeführt, dass man in einem Match einen Button sieht, wenn man in einem parallelen Match am Zug ist. Die Folge dessen ist aber, dass eigentlich jeder mehrere Matches parallel startet, um zwischen den Zügen nicht so lange warten zu müssen. Das wiederum führt aber dazu, dass die Mindestdauer bis wann wieder dran ist steigt – speziell, wenn man keine zwei Matches starten möchte. Alternative 2 ist, dass man Solforge parallel zu etwas anderem macht (im Internet surfen, Browser-Game, Video ansehen, etc.).
  • In direktem Zusammenhang mit dem Runden-Timer auch die Unsitte, dass $“&!§ Spieler wenn sie das Spiel verloren haben nicht auf „Aufgeben“ klicken, sondern die Zeit runterlaufen lassen. Gerade in diesem Zusammenhang wäre eine Art Ignore/Notizenliste auch sehr hilfreich

Resümee

Die Wertung fällt mir gerade nicht leicht. Für mich ist das Spiel eine 9/10, trotz aller Schwächen und deshalb habe ich schon mehr als nur ein paar Stunden in den letzten Jahren zugebracht. Pro Tag spiele ich meistens ein paar Matches. Meistens allerdings abends nebenbei (siehe „TheUgly“), während ich am PC etwas Anderes erledige.

Wenn man das Spiel objektiv bewertet, fallen die negativen Argumente doch sehr ins Gewicht. Mehr als eine 7/10 kann ich im aktuellen Zustand also leider nicht vergeben.

Geniales und unglaublich flexibles Spielprinzip, dass leider unter zahlreichen praktischen Schwächen leidet. Da es Free-2-Play ist, lohnt sich aber auf jeden Fall der Blick. Für Sammelkartenspieler ein Muss.

Fakten

Ein Gedanke zu “Solforge – ein digitales Sammelkartenspiel

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